Die zehnte Auflage der Deloitte-Studie zur Schweizer Uhrenindustrie basiert auf einer Online-Befragung von 75 Führungskräften aus der Branche, auf Interviews mit Branchenexpertinnen und -experten sowie auf einer Online-Umfrage unter 6’045 Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz und in den wichtigsten Exportmärkten für Schweizer Uhren. Die Studie ist unabhängig und liefert eine ganzheitliche Brancheneinschätzung, die mehrere Blickwinkel berücksichtigt. Dieses Jahr enthält die Studie auch einen Abschnitt speziell zum wachsenden Markt in Indien.
Exportzahlen
Im Jahr 2022 verzeichnete die Schweizer Uhrenindustrie rekordhohe Exporte. Gegenüber dem Vorpandemieniveau wurde ein Plus von 14 Prozent erreicht. Obwohl in China immer wieder Lockdowns verhängt wurden, waren chinesische Konsumentinnen und Konsumenten für die Branche weiterhin entscheidend, während die USA der wichtigste Einzelmarkt bleiben. Eine Energiekrise sowie Kursverluste an den globalen Aktienmärkten und bei Kryptowährungen sorgten für ein schwieriges Jahresende 2022. Im Jahr 2023 wirkte sich die Inflation auf viele Konsumentinnen und Konsumenten weltweit aus und der Schweizer Franken legte gegenüber den wichtigsten Währungen weiter zu, wodurch Schweizer Uhren für internationale Käuferinnen und Käufer teurer wurden. Dennoch konnten die Uhrenexporte in den ersten acht Monaten des Jahres sowohl mengen- als auch wertmässig zulegen.
Uhrenmärkte
Alle zehn wichtigsten Exportmärkte der Schweizer Uhrenindustrie setzten in den ersten acht Monaten des Jahres 2023 ihren Wachstumskurs fort. Die USA blieben der wichtigste Einzelmarkt, China verzeichnete ein ähnliches Wachstum. Trotz des Wachstums liegen die Exporte nach China immer noch um 7,5 Prozent unter dem Niveau von 2021.Die Exporte nach Hongkong waren stark, erreichten aufgrund der strengen pandemiebedingten Lockdowns jedoch nach wie vor nicht das Vorpandemieniveau. Auch die Exporte nach Indien legten kräftig zu.
Prioritäten
Die Prioritäten der Führungskräfte der Schweizer Uhrenindustrie für die nächsten zwölf Monate sind je nach Marke und Komponentenhersteller unterschiedlich. Zu den obersten Prioritäten der Führungskräfte der Uhrenmarken gehören die Markteinführung neuer Produkte, die Entwicklung oder Stärkung der Omnichannel-Strategie und die Investitionen in Nachhaltigkeit. Die Führungskräfte der Zulieferer konzentrieren sich auf die Erhöhung der Kapitalausgaben und die Steigerung der Produktionskapazität in der Schweiz. Marken, die auf das Preissegment unter 5’000 Franken abzielen, legen einen grösseren Wert auf die Einführung neuer Produkte, während Marken im mittleren und oberen Preissegment vor allem die Produktionskapazität in der Schweiz erhöhen wollen, um zukünftige Risiken zu mindern. Eine Erhöhung der Produktionskapazität im Ausland wurde von keinen der Befragten als Priorität genannt.
Bedenken
Die geopolitische Unsicherheit und die Inflation in Verbindung mit der Lebenshaltungskostenkrise stellen laut den befragten Führungskräften die grössten Herausforderungen für die Schweizer Uhrenindustrie dar. Der Mangel an qualifiziertem Personal wurde ebenfalls als Grund zur Sorge genannt: Bis 2026 müssen 4’000 Fachkräfte eingestellt und geschult werden. Die Marken investieren in ihre derzeitigen und zukünftigen Talente. So gründete beispielsweise Adecco Switzerland die Watch Academy in Genf. Die Inflation dürfte sich im Segment der Luxusuhren nicht bemerkbar machen. In der Preiskategorie unterhalb von 500 Franken könnten die Absatzzahlen hingegen leiden. Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich, insbesondere im höherpreisigen Segment. Zudem verschärft ein unzureichendes Angebot an Ersatzteilen und Uhrwerken die Lieferverzögerungen.
Ausblick
Die Führungskräfte der Schweizer Uhrenindustrie schätzen die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft und die Exportmärkte optimistisch ein. In Bezug auf die Aussichten für ihre eigene Branche sind sie jedoch weniger zuversichtlich als noch vor einem Jahr. 44 Prozent der Führungskräfte gaben an, die Aussichten für die Branche positiv zu beurteilen. 25 Prozent stehen dem kommenden Jahr hingegen negativ gegenüber. Indien wird als der vielversprechendste Markt gesehen - 75 Prozent der Führungskräfte erwarten hier ein Wachstum. Mit Blick auf China sind die Einschätzungen gemischt: 49 Prozent der Führungskräfte erwarten ein Wachstum, 51 Prozent gehen aufgrund der nach wie vor spürbaren Auswirkungen der langwierigen Covid-19-Pandemie und der holprigen Erholung von einer Stagnation oder gar einem Rückgang aus. Für den Nahen Osten und die USA wird ebenfalls ein Wachstum prognostiziert, während die meisten europäischen Länder in den 30 wichtigsten Märkten gemessen an den Exportwerten hohe ein- oder zweistellige Zuwächse meldeten.
Die Marken verbessern das persönliche Erlebnis – in stationären Detailhandels-Outlets, bei Uhrenmessen und bei Auktionen –, um mit potenziellen Kundinnen und Kunden eng in Kontakt zu treten und direkt an sie zu verkaufen. Während neue Kundinnen und Kunden sich zunächst online mit den Marken befassen, dürften sich diese Bereiche dann zu zentralen Punkten für digitales Storytelling und zu Informationsquellen entwickeln. Der persönliche Kontakt, der Aufbau von Beziehungen und das direkte Markenerlebnis werden auch weiterhin wichtiger sein als der digitale Komfort, insbesondere in der mittleren Preisklasse und im Luxussegment.
Der externe Druck wurde von internen Prioritäten abgelöst. In diesem Jahr investieren Marken und Detailhändler mehr in Nachhaltigkeit, weil es Teil ihrer Unternehmensstrategie und ihrer Identität ist. Der Druck der Konsumentinnen und Konsumenten oder die Sorge über das Markenimage spielen dagegen eine weniger wichtige Rolle.
Die traditionelle Branche setzt weiterhin auf Innovation. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) der befragten Führungskräfte wollen im nächsten Jahr generative KI nutzen, um Inhalte für schriftliche Veröffentlichungen und Berichte zu erstellen. Rund ein Viertel der Befragten zieht generative KI nur für Markenkampagnen oder Marketing-Zwecke sowie zur Unterstützung des Kreativprozesses in Betracht.
In keinem Jahr zuvor wurde Indien so häufig als nächster grosser Wachstumsmarkt für die Schweizer Uhrenindustrie genannt. Wir gehen davon aus, dass der Exportumsatz von Schweizer Uhren in Indien bis 2028 die Marke von 400 Millionen Franken übersteigen wird. Ausserdem denken wir, dass Indien innerhalb eines Jahrzehnts zu den Top 10 der Schweizer Exportmärkte gehören wird.
Unter den Käuferinnen und Käufern, die auch eine gebrauchte Uhr kaufen würden, gaben 22 Prozent an, dass sie bereit wären, 1’500 bis 15’000 Franken auszugeben. Das ist für die Uhrenindustrie zwar nicht gerade ein «heiliger Gral», aber dennoch eine solide Spanne für ein nachhaltiges weiteres Wachstum auf dem Sekundärmarkt, der für Käuferinnen und Käufer von Uhren zunehmend interessanter wird.
Social Selling wird sich aufgrund seiner Fähigkeit, personalisierte Empfehlungen und sofortige Käufe über vernetzte Apps und Optionen zum Bezahlen mit dem Smartphone anzubieten, zu einem wichtigen Subkanal für die Branche entwickeln, insbesondere für jüngere Kundinnen und Kunden. In Asien ist Social Commerce bereits gut etabliert und bietet eine einzigartige Mischung aus Shopping, Gemeinschaft und Vertrauen. Es verwandelt die Zeit am Bildschirm in ein unmittelbar befriedigendes Einkaufserlebnis.
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Karine ist für die Schweizer Konsumgüterindustrie verantwortlich und Mitglied der Geschäftsleitung von Deloitte Schweiz. Sie ist Audit Partnerin und in der Schweiz lizenzierte Revisionsexpertin mit über 20 Jahren Erfahrung in der Beratung von multinationalen Unternehmen aus den Bereichen Konsumgüter, Einzelhandel, Gastgewerbe und Life Sciences. Sie verfügt über umfassendes Fachwissen und Kenntnisse in der Mode- und Luxusbranche mit besonderem Schwerpunkt auf der Uhrenindustrie. Karine hat auch die Abteilung Deloitte Private in der Schweiz aufgebaut, die sich auf Familienunternehmen, Private Equity und langfristige Vermögens- und Nachfolgestrategien konzentriert. Sie ist Mitglied der Swiss-American Chamber of Commerce, des Career Women's Forum sowie eine Alumna der American Swiss Foundation Young Leaders.